Konkurrenz der Mieter um E-Ladestationen - Update

Im hier veröffentlichten Blog-Beitrag vom 21.11.2021 wurde von einer Entscheidung des AG München vom 1.9.2021, Az. 416 C 6002/2021 berichtet, in dem der gegen den Vermieter gerichtete Anspruch auf Installation eines E-Ladeanschlusses deshalb zurückgewiesen wurde, weil dies zu einer Konkurrenzsituation zwischen den Mietern innerhalb der Hausgemeinschaft führen könne. Dem Vermieter sei es nicht zumutbar, einem Mieter die Errichtung einer E-Ladestation zu gestatten, wenn dies langfristig dazu führen kann, dass er andere Mieter wegen begrenzter Kapazitäten der Hausinstallation von gleichartigen Installationen ausschließen muss. Dies verstoße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz.

 

Nunmehr ist die Berufungsentscheidung des LG München veröffentlicht (LG München I, Urteil vom 23.06.2022, 31 S 12015/21):

Das Landgericht hat das Urteil des Amtsgerichts aufgehoben und dem Mieter den Duldungsanspruch zugesprochen. Der Vermieter kann den Mieter nicht darauf verweisen, dass das Hausnetz zunächst für eine größere Anzahl von Ladestationen  ertüchtigt werden muss, um den zu erwartenden Bedarf an einer größeren Anzahl von MIetern befriedigen zu können. Ausschlaggebend ist allein, ob das derzeit vorhandene Hausnetz die Installation technisch ermöglicht. Ist dies der Fall, muss der Vermieter den Einbau gestatten und kann den Mieter nicht auf eine zukünftige, noch unsichere Entwicklung verweisen. Die erst zukünftige Gestattung nach Ertüchtigung des gesamten Hausnetzes führt für den einzelnen  Mieter zu nicht unerheblichen Mehrkosten. Wirtschaftliche Überlegungen des Vermieters, dass eine zukünftige (aber noch nicht absehbare) Aufrüstung des Hausnetzes für alle Mieter zu Kostenreduzierungen führen, spielen keine Rolle. Zumutbarkeitserwägungen, wie z.B. das Argument, dass es zu einer Zerstückelung von Anbietern innerhalb des gleichen Hauses kommt, rechtfertigen im hier vorliegenden Fall keine Ablehnung des Anspruchs des Mieters.  Auch der Grundsatz der Gleichbehandlung steht dem Anspruch nicht entgegen, weil aktuell die gewünschte Installation kapazitätsmäßig möglich ist.

 

Ausserdem kann der Mieter auch gleich ein (fachlich geeignetes) Installationsunternehmen beauftragen, d.h. mit der Errichtung der E-Ladestation beginnen.

 

Ergebnis:

Die Rechte des Mieters im Hinblick auf die Errichtung von E-Ladestationen werden erheblich gestärkt. Es kann allerdings dazu kommen und es ist auch damit zu rechnen, dass das bestehende Hausnetz nach der Installation einer bestimmten Anzahl von Ladestationen ausgeschöpft ist und sich die Mieter, die mit ihrem Anliegen später kommen, dann mit weitergehenden und aufwendigen technischen Lösungen befassen müssen. Insofern ist die Konkurrenzsituation der Mieter um die Einrichtung von E-Ladestationen tatsächlich gegeben.